Vielleicht haben Sie, Ihre Tochter oder Ihre Freundin das auch schon einmal erlebt? Fremde Personen, vornehmlich Männer rufen Ihnen auf offener Straße hinterher, versuchen mit Pfiffen Ihre Aufmerksamkeit zu erringen und belästigen Sie mit unangenehmen, sexistischen Sprüchen. Dieses Phänomen ist unter dem Namen “Catcalling” bekannt. Ein Begriff, der das Phänomen zwar benennt, aber den Ernst der Situation nicht ausreichend erfasst. Viele junge Frauen erleben die verbale Belästigung tagtäglich, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegen. Laut Bundesfamilienministerium wurden bereits 44% aller weiblichen Bürgerinnen schon einmal Opfer von sexistischen Übergriffen im öffentlichen Raum. Viele von ihnen wurden verbal von fremden Männern belästigt. (vgl. Wippermann 2020: 37ff) Dies sind die bedenklichen Ergebnisse einer repräsentativen Pilotstudie des Bundesfamilienministeriums.
Anrecht bekunden vs. Unwohlsein
Männer die “Catcalling” betreiben sind nicht an einem Kennenlernen der Frau interessiert. Die Gründe für verbale Belästigung sind vielfältig. Manche Männer benutzen sexistische Sprüche, wenn sie eine Frau attraktiv finden. Andere nutzen die Anonymität der Gruppe, weil sie sich ansonsten nicht trauen eine Frau anzusprechen. Allen “Catcalling”-Gründen ist jedoch grundsätzlich gemeinsam, dass die Männer glauben ein Anrecht darauf zu haben Frauen jederzeit auf diese Weise anzusprechen. Aus der Sicht der Opfer sieht die Situation natürlich anders aus. Viele Frauen versuchen solche verbalen Belästigungen einfach zu ignorieren. Trotzdem fühlen sie sich in dem Moment unwohl, auf ihren Körper reduziert oder auch beschmutzt. Manche Frauen bereuen auch sich schön gemacht zu haben bevor sie aus dem Haus gegangen sind.
“Catcalling” ist ein Machtspiel
“Catcalling” ist vor allem ein Phänomen, dass auf öffentlichen Straßen und Plätzen auftritt. Solche Vorfälle passieren meistens in einer Umgebung, in der die gesellschaftlichen Regeln vorschreiben, dass unbekannte Personen nicht ohne Grund angesprochen werden. Besonders nicht, wenn diese keine Signale dazu senden. Manche Männer haben scheinbar große Schwierigkeiten mit den fehlenden Signalen durch Frauen umzugehen. Sie fühlen sich ohnmächtig und versuchen die Kontrolle zurück zu gewinnen, indem sie sich über die gesellschaftlichen Regeln und die Bedürfnisse der Frauen hinwegsetzen. Männer haben vor mit “Catcalling” zu demonstrieren, dass sie in einer solchen Situation dennoch mächtig sind bzw. zumindest mächtiger als die Frauen sind.
Frankreich bestraft “Catcalling” mit Bußgeldern
Oft müssen sich Täter für verbale Belästigung nicht einmal rechtfertigen. Von den betroffenen Frauen erfordert es großen Mut sich zur Wehr zu setzen und Schaulustige greifen nur selten ein. “Catcalling “ ist in Deutschland bislang kein Tatbestand. Das bedeutet, dass den verbalen Belästigungen damit nicht strafrechtlich nachgegangen werden kann und es keine Strafen für dieses Verhalten in der Bundesrepublik gibt. Das sexistische Verhalten wird damit einfach geduldet, auch ein bedenkliches gesellschaftliches und rechtsstaatliches Signal. Unser Nachbarland Frankreich verfolgt hingegen eine andere Herangehensweise. Seit 2018 haben die Franzosen Bußgeldzahlungen als Sanktionierung für “Catcalling” eingeführt. Bei einer verbalen Belästigung in Frankreich können die Täter mit Bußgeldern in Höhe von 750 Euro bestraft werden.
Gegen die Hilflosigkeit
Auch wenn in Deutschland bislang keine oder nur selten strafrechtliche Schritte bei “Catcalling” gegangen werden können, sollten die Betroffenen mit ihren Erlebnissen nicht allein bleiben. Gerne können Sie sich mit Ihren Erfahrungen an mich wenden und prüfen lassen, ob möglicherweise doch ein strafrechtliches oder zivilrechtliches Eingreifen möglich ist. Auch wenn Sie mehr zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten bei Beleidigungen, Nötigungen und Bedrohungen erfahren möchten, helfe ich Ihnen gerne weiter. Die Tatbestände der üblen Nachrede, der Verleumdung oder des Stalkings werden durch das Strafgesetzbuch sanktioniert, auch wenn die derzeit (noch) verhängten Strafen gegen die Täter in keinem angemessenen Verhältnis zu den Folgen für die Opfer stehen.
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Quellen: Wippermann, Carsten (2020): Sexismus im Alltag. Wahrnehmungen und Haltungen der deutschen Bevölkerung. Pilotstudie, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), 3. Aufl., Rostock: Publikationsversand der Bundesregierung.